Ab und zu stöbere ich gerne in unseren reich gefüllten Bücherschränken. Ich blättere in so manchem Buch ein bisschen herum, denke an die Zeit, in der ich dieses Buch gelesen und mich mit bestimmten Themen beschäftigt habe. Bei manchem denke ich: das müsste ich mal wieder lesen. Andere Bücher hingegen wandern wieder in die hinteren Reihen. Sie bedeuten mir nichts mehr und ich werde sie wahrscheinlich nie wieder lesen. Aber zum Wegwerfen sind sie dann doch zu schade.

Da fällt mir plötzlich ein kleines, liebevoll per Hand geschriebenes Büchlein in die Hände: ein Tagebuch. Nein - kein richtiges, echtes. Dies ist eines, in das ich vor langer Zeit besondere Verse oder erinnerungswürdige Sätze aufgeschrieben hatte. Die Seiten sind meistens kreativ gestaltet und die Schrift ist besonders schön.

Das erinnert mich an die Zeit, in der ich einst ein „echtes“ Tagebuch geschrieben habe und meine Gedanken gleiten zurück. Es war damals, in meinen Teenagerjahren, in jener Zeit mit all den Stürmen und Enttäuschungen, die man so ernst und mitunter fast lebensbedrohlich intensiv erlebt. Vor allem mit all den Gefühlen, die man einfach nicht einzuordnen vermag.

Wie wir wohl alle, so meinte auch ich in jenem Alter, dass es gut wäre, solch ein Tagebuch zu schreiben als ein „Gegenüber“, dem man vertrauen kann. So schrieb ich meine Erlebnisse, Gedanken und insbesondere meine geheimsten Gefühle an dieses imaginäre Gegenüber, das zum Glück nicht antwortete, alles treu und brav bei sich behielt und mich in keiner Weise zu irgendetwas zwang. Unangenehm war mir eigentlich nur der Gedanke, dass eventuell doch einmal ein Mensch diese mir wertvollen und wichtigen Geheimnisse zu lesen bekäme. Das wollte ich auf keinen Fall, denn ich hatte diesem Büchlein ja mein Herz anvertraut. 

Wie froh war ich deshalb, dass dieses kleine Buch mit einem Schloss versehen war. Es war zierlich und der Schlüssel war geradezu winzig, doch das genügte mir bereits. Nach dem Schreiben meiner wichtigen Herzensangelegenheiten verschloss ich das Buch sorgfältig und legte den Schlüssel in eine Schreibtischschublade und das Buch in den Schrank. Für alle Fälle natürlich getrennt.

Nun, ich gebe es offen zu. Ich war damals und bin bis heute, eigentlich nicht der typische Tagebuchschreiber. Mir fehlt es an der nötigen Konsequenz über einen längeren Zeitraum immer wieder zu schreiben und die tägliche Viertelstunde dafür zu reservieren.

So kam es, dass damals über mehrere Monate nichts mehr in das Buch geschrieben wurde.

Und als ich eines Tages einen neuerlichen Versuch starten wollte, stellte ich mit Erschrecken fest, dass der Schlüssel spurlos verschwunden war. Das war mir unangenehm. Was, wenn nun jemand darin mein Geheimstes lesen würde? Was, wenn da jemand Dinge an oder in mir erkennen würde, die ich eigentlich nicht preisgeben wollte? Das durfte auf keinen Fall geschehen. Es waren ja keine unredlichen Dinge, die da geschrieben waren, aber … Ja, dieses „aber“ machte mir echt zu schaffen.

So beschloss ich in meinem jugendlichen Gefühlsleben, dem Ganzen ein Ende zu setzen. Ich schnitt die Lasche durch, die das Schloss mit dem hinteren Buchdeckel verband und verbrannte sicherheitshalber alle bisher beschriebenen Blätter in unserem Kellerofen. Ich war eben ein Teenagermädchen – und damals einfach nicht dazu bereit, jemanden lesen zu lassen, was in mir vorging. Niemand sollte diesen „Herzensschlüssel“ benutzen dürfen.

Wir alle haben ein Bedürfnis, das, was uns gehört und uns wertvoll ist, zu schützen. So kam ich ins Nachdenken darüber, wie das mit unseren „Herzensschlüsseln“ ist.

Einerseits sollen wir unser Herz bewahren, verschließen, schützen und absondern. Das ist gut. Andererseits sollen wir es für Gott empfänglich und offen halten, um Gutes empfangen und aufnehmen zu können. Mir fällt David ein – der Mann nach dem Herzen Gottes! Er war eine Person, die Gott erlaubte, bis in die Tiefen seines Herzens zu sehen:

Erprobe mich, HERR, und prüfe mich; läutere meine Nieren und mein Herz. 
Psalm 26,2

Das bedeutet für mich: Gott, schaue nach, wie ich die Dinge meines Lebens sehe, wie ich sie anpacke und vielleicht auch, wie ich sie falsch gemacht habe.

David war bereit für die Prüfung Gottes:

Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz. Prüfe mich und erkenne meine Gedanken! Und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf dem ewigen Weg.  
Psalm 139,23-24

Wie ist es bei uns? Wer hat die „Schlüsselgewalt“ über unser Herz? Wer darf wissen, was in uns vorgeht, was uns wirklich bewegt, uns wirklich wichtig ist? Jesus sagt uns:

Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an; wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, zu dem werde ich hineingehen und mit ihm essen, und er mit mir.   
Offenbarung 3,20

Das Auftun der Tür liegt an uns. Wir selbst müssen sie öffnen. Gott wird es nicht für uns tun. Deshalb: schließe ihm deine Herzenstür auf – oder schließe sie ihm neu auf, wenn irgendetwas dazu geführt hat, dass sie wieder verschlossen wurde. Lass deine Tür nicht ins Schloss fallen, wende dich nicht enttäuscht von Gott ab, weil irgendetwas nicht nach deinen Vorstellungen gelaufen ist.

Und, noch wichtiger: halte deine Herzenstür immer für Jesus und das Angebot seiner Gnade offen! Lade ihn ganz neu zu dir ein. Er steht davor und klopft an … und wartet. Jetzt. Heute. In diesem Augenblick.